Corona und Arbeitsrecht für Unternehmen


Von Dr. Marc-Oliver Eberspächer
Von Dr. Florian Stark
17. April 2020

Corona und Arbeitsrecht für Unternehmen

Wegen Corona musste ich schließen. Kann ich meine Mitarbeiter kündigen?

Die Corona-Krise als solche stellt selbstverständlich noch keinen Kündigungsgrund dar. Insbesondere und soweit das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung findet, gelten die gesetzlichen Bestimmungen unverändert fort. Gemäß § 1 Abs. 1 und 2 KSchG muss eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein. Dies ist der Fall, solange ein Kündigungsgrund vorliegt. Entsprechend des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG ist eine Kündigung u.a. gerechtfertigt […], wenn Gründe gegeben sind, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen oder dringende betriebliche Erfordernisse dies erfordern. Den wichtigsten Kündigungsgrund im Zusammenhang mit der Corona-Krise stellt die betriebsbedingte Kündigung dar. Aufgrund der Ansteckungsgefahr kam es bereits bei vielen Unternehmen zu einer Unterbrechung von Lieferketten, einem Auftragsrückgang oder sogar zu einer Schließung aufgrund behördlicher Anordnung. Vorliegend könnten die vorgenannten Gründe betriebliche Erfordernisse im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG darstellen. Diese müssten wiederum dazu führen, dass ein bzw. mehrere Arbeitsplätze (bspw. infolge einer endgültigen Betriebsschließung) permanent wegfallen.

Zusätzlich stellt sich noch die Frage, ob der Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung gerechtfertigt wäre. Im Falle des Ausspruches einer Kündigung (jedweder Art) gilt der Ultima Ratio Grundsatz, d.h. die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist das letzte Mittel, auf das ein Arbeitgeber zurückgreifen darf.

Im Hinblick auf die Zusicherungen der Bundesregierung, Maßnahmen zu treffen um die Unternehmer zu entlasten (z.B. in Form von Darlehen, Stundungen von Steuern oder Reformierung des Kurzarbeitergeldes) ist anzunehmen, dass die Folgen der Infektionsgefahr abgefedert werden können.

Kann ich Kurzarbeit einseitig anordnen?

Die einseitige Anordnung der Kurzarbeit durch den Arbeitgeber ist gesetzlich nicht vorgesehen. Eine einseitige Anordnung der Kurzarbeit ist für den Arbeitgeber jedoch dann möglich, wenn der Arbeitsvertrag, die Betriebsvereinbarung oder der Tarifvertrag eine solche Möglichkeit vorsieht. In allen anderen Fällen ist die Zustimmung des Arbeitgebers erforderlich.

Darf ich Home Office anordnen?

Die Arbeit von zu Hause aus, kann der Arbeitgeber aufgrund des besonderen verfassungsrechtlichen Schutzes der Wohnung nicht einseitig anordnen. Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber für die Einhaltung der arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen im Homeoffice verantwortlich ist. Hierfür wäre eine Risikoanalyse und eine entsprechende Besichtigung durch den Arbeitgeber erforderlich.

Die Kita/Schule der Kinder meiner Mitarbeiter ist geschlossen. Müssen meine Mitarbeiter dennoch zur Arbeit kommen? Muss ich den Lohn weiter zahlen?

Grundsätzlich gilt: Die Arbeit wird vom Arbeitnehmer grundsätzlich unabhängig davon geschuldet, ob die Betreuung des Kindes gesichert ist oder nicht. Sollte für den Arbeitnehmer jedoch überhaupt keine alternative Betreuung organisierbar sein, kann für das Elternteil ein sogenanntes Leistungsverweigerungsrecht wegen Unmöglichkeit bestehen. Dies wird insbesondere bei kleineren Kindern anzunehmen sein, da der Fürsorgepflicht für das Kind ein Vorrang vor der Arbeit einzuräumen ist.

Gemäß § 616 BGB steht dem Arbeitnehmer dann ein Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes zu. Begründet wird dies damit, dass die mangelnde Betreuungsmöglichkeit für das Kind einen persönlichen Hinderungsgrund darstellt, welchen der Arbeitnehmer nicht zu verschulden hat. Die Fortzahlung des Arbeitsentgeltes gilt jedoch nur für eine begrenzte Zeit. Diese umfasst nach allgemeiner Rechtsauffassung ca. fünf Tage.

Bitte beachten Sie jedoch, dass der Lohnfortzahlungsanspruch gemäß § 616 BGB im Arbeits- oder Tarifvertrag ausgeschlossen werden kann. In diesem Falle besteht selbstredend kein Lohnfortzahlungsanspruch.

In Zeiten von Corona gilt abweichend: Mit Wirkung ab 27.03.2020 hat der Gesetzgeber kurzfristig das Infektionsschutzgesetz geändert und § 56 Abs. 1a IfSG eingefügt. Darin ist geregelt, dass Arbeitnehmer dann einen Anspruch auf eine staatliche Entschädigung haben, wenn Einrichtungen zur Betreuung von Kindern oder Schulen von der zuständigen Behörde zur Verhinderung der Verbreitung von Infektionen oder übertragbaren Krankheiten auf Grund des Infektionsschutzgesetztes geschlossen werden oder deren Betreten untersagt wird. Folgende Voraussetzungen gelten:

  • Eines der zu betreuenden Kinder muss unter 12 Jahre alt sein oder behindert und auf fremde Hilfe angewiesen sein,
  • es darf keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit existieren (nahe wohnende Großeltern in Rente o.ä.) und
  • es muss ein Verdienstausfall vorliegen. D.h. während Zeiten der Krankheit oder Urlaub ist keine Entschädigung möglich.

Auf Verlangen des Arbeitgebers oder der Behörde müssen die Voraussetzungen vom Arbeitnehmer beweisen werden.

Die Entschädigung zahlt der Staat an den Arbeitgeber, der wiederum die Entschädigung an die Arbeitnehmer ausbezahlt. Zur Beantragung können Sie sich an das Gesundheitsamt wenden.

Wichtig! Während der Schulferien gelten andere Bedingungen.

Was gilt während der Schulferien?

Dem Infektionsschutzgesetz nach besteht kein Anspruch auf Entschädigung der Arbeitnehmer, soweit eine Schließung ohnehin wegen der Schulferien erfolgen würde. Hier hat der Gesetzgeber aber wohl einen Fehler gemacht. Ungeklärt sind u.a. folgende Fragen, die wir auch nicht abschließend beantworten können:

  • Welche Ansprüche haben Arbeitnehmer mit jungen Kindern? Die meisten Kitas und Kindergärten haben während der gesetzlichen Schulferien nicht geschlossen. Für viele dieser Kinder besteht keine Möglichkeit zur Betreuung, auch nicht zur Notbetreuung (meist nur für Kinder von Polizisten etc.).
  • Welche Ansprüche haben Arbeitnehmer, die am Wochenende arbeiten müssen und nun keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit mehr haben? Hier sind insbesondere systemrelevante Berufe wie Pflegekräfte, medizinische Arbeitskräfte und Mitarbeiter im Einzelhandel betroffen.

Diese Fragen müssen im Einzelfall entschieden werden. Aus unserer Sicht gilt jedoch aufgrund eines Umkehrschlusses, dass auch Eltern von jungen Kindern während der Schulferien und an Wochenenden sowie an Feiertagen arbeiten müssen. Denn wenn Sie keinen Anspruch auf Entschädigung haben, kann auch kein Arbeitsverweigerungsrecht bestehen.

Muss ich Schutzausrüstung stellen? Welche Schutzmaßnahmen können Arbeitnehmer erwarten?

Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitgeber gegenüber seinen Beschäftigten eine Schutz- und Fürsorgepflicht hat. Er hat die erforderlichen Maßnahmen für die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu treffen. Welche Maßnahmen erforderlich sind, muss jedoch im Einzelfall geprüft werden. Z.B. werden bei medizinischem Personal, die sehr nah am Patienten arbeiten, andere Schutzmaßnahmen notwendig sein, als bei Mitarbeitern ohne oder nur unregelmäßigen Kundenkontakt. Wir stehen Ihnen hier gerne Rede und Antwort.

Arbeitgeber müssen Ihre Mitarbeiter aber in jedem Fall auf die einzuhaltenden Hygienemaßnahmen und Schutzvorkehrungen hinweisen und sie darin unterweisen.

Wir raten allen Arbeitgebern, gemeinsam mit ihren Mitarbeitern oder dem Betriebsrat eine Vereinbarung anzustreben, in der die einzelnen konkreten Schutzmaßnahmen schriftlich festgehalten werden.

Müssen auch Arbeitnehmer arbeiten, die zu einer Risikogruppe gehören?

Auch wenn Mitarbeiter zu einer Risikogruppe gehören, gilt grundsätzlich, dass sie Ihre Arbeitskraft erbringen müssen. Risikogruppen können jedoch in vielen Fällen höhere Anforderungen an Schutzmaßnahmen und Schutzausrüstung gegenüber dem Arbeitgeber stellen. Wir beraten Sie gerne im Einzelfall.


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